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„Kühne Burgen auf wilden Felsen“

Exkursion zu den Burgen Rheinstein und Reichenstein am 17. Juli 2021

von Nina Gallion.

Als Friedrich Schlegel im Jahr 1806 über den Rhein fuhr, beschrieb er seine Eindrücke hinterher mit den folgenden Worten: „Für mich sind nur die Gegenden schön, welche man gewöhnlich rauh und wild nennt; nur diese sind erhaben, nur erhabene Gegenden können schön sein, nur diese erregen den Gedanken der Natur. Nichts aber vermag den Eindruck so zu verschönern und zu verstärken als die Spuren menschlicher Kühnheit an den Ruinen der Natur. Kühne Burgen auf wilden Felsen, Denkmale der menschlichen Heldenzeit, sich anschließend an jene höheren aus den Heldenzeiten der Natur.“ Mit diesem Loblied war Schlegel nicht allein: In den kommenden Jahrzehnten stand der Rhein mit seinen Burgen immer wieder im Mittelpunkt von romantisierenden Reiseberichten, Dichtungen und Erzählungen und wurde folglich zum Gegenstand der sogenannten „Rheinromantik“.

Auch heute noch gilt das Mittelrheintal und insbesondere der Abschnitt zwischen Bingen und Koblenz mit seinen zahlreichen Höhenburgen, dem Pfalzgrafenstein inmitten des Rheins und dem sagenumwobenen Mäuseturm als schönste Zugstrecke Deutschlands. Aufgrund der zahlreichen Kulturdenkmäler, die hier in weltweit einzigartiger Dichte zu finden sind, wurde das obere Mittelrheintal 2002 in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Doch was steckt eigentlich hinter dieser einzigartigen Burgenlandschaft? Warum entstanden im Mittelalter derart viele Burgen im Mittelrheintal?

Um diesen und weiteren Fragen nachzugehen, fand im Sommersemester 2021 das Hauptseminar „Kühne Burgen auf wilden Felsen. Das Mittelrheintal und seine Burgen im Mittelalter“ statt. Insgesamt fünfzehn Studierende setzten sich mit den territorialen Rahmenbedingungen der Region und ihren zentralen Akteuren, den drei rheinischen Erzbischöfen von Mainz, Köln und Trier, den Pfalzgrafen bei Rhein und den Grafen von Katzenelnbogen, auseinander und entdeckten die Geschichte der zahlreichen Burgen von Rüdesheim und Trechtingshausen im Süden bis Andernach und Königswinter im Norden. Dabei ging es unter anderem auch um die grundlegenden Funktionen von Burgen, insbesondere ihre politische, militärische und wirtschaftliche Bedeutung, das Leben auf der Burg und den Zusammenhang zwischen Burg und Stadt. Am Ende des Semesters war zudem Angela Kaiser-Lahme, Direktorin Burgen Schlösser Altertümer bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, zu Gast, die mit der Erforschung von Burg Sterrenberg ein aktuelles Landesprojekt vorstellte und Einblicke in die Arbeit der Denkmalpflege und der Kulturvermittlung gab.

Um es nicht allein bei der Theorie zu belassen, sondern auch um unmittelbare Eindrücke sammeln zu können und in Zeiten von Corona zumindest einmal eine Möglichkeit zum persönlichen Austausch zu schaffen, fand kurz nach Semesterende am 17. Juli eine pandemiekonforme Exkursion nach Trechtingshausen statt, an der sieben Studierende teilnahmen. Vom Bahnhof in Trechtingshausen aus führte ein kurzer Fußmarsch zur Burg Rheinstein, die ursprünglich auf das frühe 14. Jahrhundert zurückgeht, in der Frühen Neuzeit aber verfiel und im 19. Jahrhundert ganz im Sinne der Burgenromantik wiederaufgebaut wurde. Nach einer Besichtigung der Anlage und der Innenräume lud der angeschlossene Biergarten mit Ausblick ins Mittelrheintal zum Verweilen und zum Plaudern ein. Über den Rheinburgenweg zog die Gruppe anschließend weiter zur Burg Reichenstein, die im Seminar mehrfach Gegenstand der Referate und Diskussionen gewesen war. Als Inhaber waren schon im 13. Jahrhundert die Herren von Bolanden belegt, wohingegen die Burg im 14. Jahrhundert zum Spielball der Politik zwischen den Pfalzgrafen bei Rhein und dem Mainzer Erzbischof wurde. Nach der Zerstörung der Burg durch die Franzosen im Jahr 1689 gelangte die Ruine 1898 in den Besitz der Familie Kirsch-Puricelli, die sie in neugotischem Stil wiedererrichten ließ. Heute gehört die Burg einem Urenkel der Kirsch-Puricellis und wird als Museum, Hotel und Eventlocation genutzt. Die Teilnehmenden nutzten die Zeit, um die weitläufige Anlage und die Innenräume zu erkunden und am Ende von der Schildmauer herab den Ausblick zu genießen. Am Bahnhof Trechtingshausen endete die Exkursion.

Der Verein der Freunde der Geschichtswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz e. V. hat die Exkursion freundlicherweise unterstützt und die Eintrittsgelder der Studierenden übernommen, wofür ich mich herzlich bedanke.

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